poeterey

Spinnen spinnen

Dichter dichten

Klobürsten bürsten

 

das fake haiku ist nur geklaut

auch Toiletten-Zen ist 

von Shunryū Suzuki

 

früher, irgendwann früher

strebte ich nach Erleuchtung

 

ich las die Bücher der Meister

versuchte zu sitzen ( es tat weh)

meine Gedanken zu ordnen (schwierig)

zu verstehen wohin ich gehe (unmöglich)

 

für alles zu ungeduldig 

gab ich es wieder auf.

 

immer rastlos immer gierig

häufig verloren  machte ich

einfach weiter mit dem Leben  

 

mit der Zeit verloren mich

immerhin einige Fragen

Lösungen kamen abhanden 

widerwillig gab ich 

Widerstände auf

(oder das, was ich dafür hielt...)

 

die Worte des

Rōshi 
 

blieben irgendwo in mir

 

als mich neulich jemand fragte,

warum ich schreibe, kam mir

Apfelbäume äpfeln

wieder in den Sinn.

 

die Briefe aus der Leere 

erreichen mich beim dichten.

auch im Fundbüro

 

es lohnt sich, das Lehrgespräch über Toiletten-Zen wieder zu lesen. 

zwischen den Zeilen

grinst einen der Roshi

schelmisch an und sagt:

nimms nicht zu ernst.

 

Klobürsten bürsten

Spinnen spinnen

Dichter dichten.

 

Kann mal jemand das Licht anmachen?

 

(Leser sollten lesen: Shunryū Suzuki

"Seid wie reine Seide und scharfer Stahl" ,Heyne 2006)

pfeif aufs mayröckern

 

ich kann nicht mayröckern

ich kann nicht mayröckern

warum kann ich nicht mayröckern

 

wenn ich muss

wenn ich soll

kann ich nicht mayröckern

 

auch wenn ich nicht muss

kann ich nicht mayröckern

nicht einmal wenn ich mayröckern wollte

könnte ich mayröckern

 

was soll das gemayröckere?

 

die Mayröcker würde 

aufs mayröckern pfeifen

wenn einer daherkäme 

und ihr sagte: mayröckere mal

 

die mayröcker ist singulär

ich nurmehr singular

 

gemayröckert is!

 

Entstanden im Rahmen des Kurses „frisch mayröckern“ an der 

Schule für Dichtung Wien, Klasse Teresa Präauer,  https://sfd.at

im begehren nicht nachlassen

26.11.24

 

close-reading

schreibt euch was rein!

assoziationen fliegen wangen

röten sich mayröcker

entfacht

 

hitzig auch witzig

sehr gescheit oder ganz anders

strukturalisten intertextualisten

sensualisten erotomanen botanisten -

alles dabei!

 

im begehren nicht nachlassen

hat lacan gesagt

sagt monika

(derrida lassen wir heut aus dem spiel)

 

stille klassenarbeit 

10 köpfe gebeugt 

rauchen tippen kritzeln schreiben

fliegen ins mayröckerversum 

um auf eigenen planeten zu landen.

 

von der mariahilfer dringt murmeln 

gespräche manchmal ein läuten 

starre aufs  fischgrätparkett 

Teresas halbhohe lackstiefel halb offen

 

mein hirn flattert

wohl doch kein gotteshirn 

bin gesellschaft beim schreiben

nicht gewohnt.

 

zu früh fertig 

mayröckert's schon? 

nur bedingt 

könnte weiter üben 

zur blüte aufbrechen

 

Dichter tun nur so als wären sie tot/

Ton/aus der Ferne. *

 

starre wieder halbschräg 

übers fischgrätparkett

zum fenster hinaus 

denke ans bier danach. 

H.C. Artmann kommt rein und fragt: 

geht noch wer mit?

 

(*Friederike Mayröcker in: benachbarte Metalle, Bibliothek Suhrkamp 2016)

 

Entstanden im Rahmen des Kurses „frisch mayröckern“ an der 

Schule für Dichtung Wien, Klasse Teresa Präauer. https://sfd.at,

November

Nebelnotizen.

18.11.24

 

Kurz vor der Morgendämmerung 

überzieht sich das Blauschwarz des Himmels

mit einem rötlichen Schimmer.  

Dann schiebt der Mann im Mond

den Dimmer an der Himmelslampe

langsam nach oben

mit einem Mal ist es Tag

grau in hellgrau.

 

Die Krähen haben sich wie immer

früh zu einem ratsch krah tratsch 

und einer kleinen Flugrunde verabredet

bald sitzen sie wieder

ordentlich aufgereiht

auf dem Dach gegenüber

schweigen und sinnieren.

 

Opak hängt der Hochnebel

an diesem Sonntag morgen

zwischen den Bäumen im Hinterhof.  

Heute ist er etwa 40 DEN dicht

milchig, aber nicht undurchdringlich

Nebeldichte in Webgrad

(Feinstrumpfhosen) beschrieben.

 

Zögerlich und leicht verhuscht

kommt jetzt die Sonne raus.

Tief stehend und fahl

wirft sie doch ein Licht.

Reist die Erde um die Sonne

oder war es andersrum? Egal.

Sonnensüchtig gehe ich

um einen Strahl zu erhaschen

bevor sie es sich anders überlegt.

 

Das Blau, das ich so sehr vermisse

spannt an hellen Tagen

den Himmel wie eine Kuppel auf. Neapolitanisches Januar Azurblau

venezianisches Lichtblau

niederbayrisch- verwischtes Novemberblaugrau

Himmelskuppeln sind unendlich

viel schöner als jeder Pantheon.

 

Wenn es still wird

beginne ich Zwischentöne

zu hören. Und zu sehen.

Blasphemische Betrachtungen

04.11.24

 

An Allerheiligen riefen wir alle Heiligen an, um uns ihrer Fürsprache zu versichern- ein eher eigennnütziges Unterfangen.

 

Auch das Gebet für das Seelenheil 

unserer teuren Verstorbenen

am darauf folgenden Allerseelentag 

war von der Hoffnung durchwirkt, 

für uns würde einst, nach unserem Ableben gebetet.

 

Damit auch wir eingehen mögen ins Paradies und Seit an Seit sitzen und singen mit den Heiligen (die Fortgeschrittenen mit Cherubim und Seraphin..)

 

Jede Seele ist heilig

dachte ich mir während der Litanei,

hier und jetzt. 

Und drüben im Jenseits auch.

bitte für uns, echote die Gemeinde.

 

Auf Sterbliche war zuweilen kein Verlaß, auf unser Sterben schon. Aufs Jenseits zu schielen, aus dem noch niemand zurückgekehrt war- schwierig.

 

Bei Kanonisierung dachte ich immer an Kanonen anstatt an den Kanon und während ich weiter darüber nachdachte, stellte ich mir vor, wie die Heiligen sangen:

in einem ewigen loop lobpreisten sie ihren Schöpfer und denjenigen,der sie kanonisiert hatte, den Pontifex Maximus, G'tts Stellvertreter auf Erden.

 

Das roch alles ein bisschen nach Zirkus und nach Zirkelschluss, nach Absprache, nach Castingshow. 

Die Heiligkeit der Heiligen unbestritten, durch ihre Tugenden, Wunderheilungen und Gebetserhörungen hinreichend bewiesen, ihr Seelenheil ergo unangefochten. 

 

Die Pfaffen mit ihren Engelshierarchien, dem Bußkatalog, dem Katechismus und dem Sündenregister, mit ihren mystisch verbrämten Transaktionen auf dem Markt spiritueller Güter kamen mir wenig glaubwürdig vor.

 

Da es mutmaßlich weder das eine noch das andere überhaupt gab- weder das Paradies noch die Sünde, noch geregelte Pfade durchs Fegefeuer, die Vorhölle und die Hölle- war das, was nach gründlicher Prüfung übrig blieb, ein unbestimmtes Gefühl des Getrenntseins. Ein schwerwiegendes Nichts, ein schwarzes Loch.

 

(Streng genommen gäbe es dann auch die Seele nicht, aber so weit wollte ich nicht gehen in der nüchternen Betrachtung der letzten Dinge.)

 

Scheinheiligkeit allüberall.

 

Wholeness anstatt holiness!

Lebe und liebe!

Liebe und tu was du willst. (Augustinus)

 

Auf die Güte und das Licht und die Liebe können sich - G'tt sei Dank! -fast alle einigen, sogar die Agnostiker und die esoterischen Atheisten. Die Ästheten glauben zumindest an die Kunst und fast alle Musiker an Johann Sebastian Bach.

 

G'tt ist uns so nah wie unsere Nasenspitze, denke ich immer noch.

Jedes Haar auf deinem Kopf hat er gezählt. 

 

Lasset uns beten: 

Das Paradies ist uns ins Herz gelegt

Amen.

God bless the Fundbüro

( für Yuri)

18.10.2024

 

God bless the Fundbüro sagte Yuri

der so hiess wie Juri Gagarin,

der Kosmonaut, der als erster Mensch

im Weltraum gewesen war.

Yuri mit Y hatte schon oft -

ohne es zu wissen-

eine Zeile beigetragen

oder einen Gedanken angeregt.

 

Mein tragbares Telefon

ein Gegenstand, dem ich so innig

verbunden war, daß ich mich

davon versklavt fühlte, 

war wieder aufgetaucht. 

Jemand hatte es ohne Umwege

-ohne es zu verscherbeln 

oder für sich zu behalten-

ins Fundbüro getragen.

 

Es gibt noch ehrliche Menschen

sagte meine Patentante

und ich dachte an die müde Frau

hinter dem Schalter, die mir

das in ein Klarsichttütchen gehüllte

telefonino rüberschob und

nach meinem Ausweis fragte,

während sie ihn bereits in der Hand hielt.

 

Ehrlich erfreut und

unzweifelhaft erleichtert

warf ich ein Münzopfer

in das rosa Porzellanschwein,

das zu diesem Zweck

rechts am Tresen stand.

 

Auf die Online Auktion

der nicht abgeholten Fundgegenstände

wurde mit einem Zettel hingewiesen.

Sicher machte es müde,

all das zu katalogisieren und zu ordnen.

Mützen hingen an kleinen Wäscheklammern senkrecht rund um einen Ständer.

Hinter dem Tresen öffneten sich

Regalfluchten voll herrenloser Schätze. 

 

Ich stellte mir Gott vor

wie er eine segnende Hand

über all das hielt: die müde Frau

die schmucklosen Metallregale

und die mannigfaltigen Hinterlassenschaften zerstreuter Fahrgäste.

Ein zartes Licht brachte die Schäbigkeit

der verwaisten Gegenstände minimal

zum Leuchten.

 

Sehhilfen, Gehhilfen, Denkhilfen.

Laptops, Schlüssel, Regenschirme,

Bergstöcke, ...

Vorallem die Ansammlung an Prothesen

liess an eine Wallfahrtskirche denken

wo unter den Votivtafeln die nicht mehr

benötigten Krücken ihren Platz fanden.

 

Am Abend zuvor hatte ich in solch einer Wallfahrts Kirche gesungen-

unter Abbildungen der Mutter Maria in unterschiedlichen Darstellungen

von Martyrern und Heiligen.

Der kniende Antonius mag seinen

Anteil daran gehabt haben,

daß mein portable so schnell zu mir zurückfand.

 

Ich dachte wieder an die Verlustanzeige.

Wie wunderbar, daß man einen Verlust

anzeigen konnte - 

ich nahm mir vor, meine Verluste mit Seriennummer, Typ und Fabrikat

auszustatten, sie so genau

zu beschreiben wie irgend möglich.

Vielleicht würde ich dann

dahinterkommen, ob ich das Verlorene

wirklich wieder haben wollte.

 

Einige meiner Träume, aus denen

fehlbare Realitäten geworden waren

würde ich gerne zur Auktion freigeben. 

Vielleicht könnten sie jemand anderem

nützlich sein.

Ein paar wenige andere wollte ich behalten

und sie genau wegen ihrer Fehlbarkeit und unzulänglichen Verwirklichung noch hoffnungsloser lieben. 

 

Ich dachte wieder an Gott und daran,

ob ihn all das wirklich so interessierte,

daß er seinen Segen dafür geben würde.

 

Wie stellte sich Yuri diesen Gott vor 

oder meine Patentante?

Als Kosmonauten?

Als ehrlichen Menschen?

Der alte Mann mit dem Rauschebart

bereitete sich gerade sicher

auf die Jobs in der Vorweihnachtszeit vor.

 

God bless our dreams.

God bless our hopes and

God bless our losses and delusions

murmelte ich-

wer auch immer Du bist.

 

Morsezeichen

1.10. 2024

 

Tausend Jahre Traurigkeiten

kreisen in meinen Gedanken 

Schwere in meinem Körper 

die Ahnen reihen sich hinter mir auf

bleiben aber stumm.

 

niemals nie kommen die Königskinder zusammen

im Traum bin ich immer zu weit entfernt

komme zu spät

renne und komme nicht vom Fleck

Verlorenes und Vertauschtes

zurückzugeben gelingt mir nicht.

 

die Wunde trittt hervor

und erscheint als mein Versagen.

 

dabei bin ich nur ein winziger Lichtpunkt

im weltumspannenden Netz

aller existierenden Traurigkeiten

die sich unaufhörlich entspinnen,

verflechten und verschwistern.

 

die unfaßbaren Wiederholungen des

immer gleichen Schmerzes 

speisen sich in die Stromleitungen ein

ein Summen und Dröhnen

in den Transformatoren.

 

Myriaden ähnlicher Knotenpunkte 

leuchten rhythmisch auf

Menschenherzen, die im Pulsschlag 

ihre Botschaften in den Weltraum morsen.

 

Adam Zagajewski hat gesagt

zu dichten, sei der Versuch,

eine Art ruhigen Wahnsinns zu finden.

Er fand auch, viel später, Augenblicke

der Freude und das dunkle Glück

der Melancholie.

 

Er hiess Adam 

und er war Dichter

er kannte sich aus

mit dem Morsealphabet.

Freund Kummer

24.09.24

 

Kummer hat sich eingenistet

hockt auf meinen Rippenbögen 

wie ein Geier auf dem Felsen.

 

schwer atme ich dagegen an.

läßt er mich aus, wenn ich 

ihm meine Scham hinwerfe?

 

Habichte hacken 

zwischen meinen Schulterblättern

(sind es gar Schuldblätter?)

mein Herz ist tonnenschwer

hingeben ja opfern nein. 

 

Ich hebe das Gesicht, 

schaue Kummer in die Augen. 

Schick mich nicht weg. 

Lass mich ein bisschen bei Dir sein

(Hat er das gesagt? oder ich?)

 

es atmet weiter

allmählich leichter. 

die Raubvögel breiten ihre Schwingen aus

verständigen sich auf Abflug.

 

Bitterkeit schleicht sich im Schatten an

um sich in Kummers Hinterlassenschaften

anzusiedeln..Wut, ein unsteter Kumpan,

ihr auf den Fersen.

 

es atmet weiter.

in Gottes Namen sitze ich auch

mit Bitterkeit und Wut ein Weilchen. 

dann schwinge ich mich auf,

es den Gefährten gleich zu tun.

 

Über dem Monde soll es stets heiter sein

hat Montaigne gesagt.

28.08.24     Q&A with Mary

 

when I no longer have to be good
and no longer have to repent
when I let my body, the soft animal 

love what it loves
what if? what will it love?

 

(you do not have to be good
you do not have to walk on your knees 
for a hundred miles through the desert repenting
you only have to let the soft animal of your body
love what it loves.
Mary Oliver)

 

what did I love before the questions?
the soft animal knows.

how did I love before it was said that love had to be earned?
you smiled your most big hearted smile

who did I love before I bent?

(no prince, only blood in my shoe, ruckediku)
you loved no matter what

how did I love without knowing what love was?
you loved what you love

And now that I know what love is not?

Be the soft animal. breathe.. let it love.

27.08.24  Besuch (für Gigi)

 

Sanft setzten sich die Stelzenbeine des unbekannten Flugobjekts auf meiner Schädeldecke ab. Licht fiel aus dem Innern in den Spalt zwischen meine beiden Schädelhäften.

 

Willkommen! begrüßte ich die Extraterrestrischen, die sich langsam aus der Raumkapsel eine Leiter hinunterhangelten, in alle Richtungen

durchdringende, leuchtende Blicke aus ihren ameisenartig grün-blau schillernden Riesenaugen werfend.

 

Ich gehöre zu Euch.(sagte ich mehr zu mir selbst) Die Erdlinge sind da drüben. Fragend und leicht kurzsichtig blinzelten die Freunde zu mir herüber, ihr imposanter Wimpernschlag erzeugte ein leises Rauschen.

 

Ins All fliegen, zurück in die Heimat. flüsterte ich ergeben und ein bisschen verloren. Wärs das? Erwacht beugte ich mich leise ächzend meinem Schicksal und fügte mich wieder dem vorherrschenden Raum-Zeit-Kontinuum.

23.07.24  Steuer Erklärung

 

Geld ist Geld und Zeit ist Zeit

Soll und Haben

des Kaisers was des Kaisers ist-

wem schulde ich mein Leben?

 

nicht bilanzierbare Konten eröffnet

blöd in die Gegend geschaut

rumgesandelt, rumgekünstelt

Prokrastionationslyrik verfaßt-

wer soll das bezahlen?

 

Zeit, den Zweifel zu bezweifeln

endlich Igel anstatt Hase sein

nicht mehr jeder Rübe hinterher rennen

die man mir vor die Nase hält

ein Buch halten

die Buchhaltung sich selbst überlassen.

 

das Buch über Unverfügbarkeit*

hat ein kluger Mensch bereits geschrieben

mir bleibt also nur

als zeitweise glücklicher Habenichts; Vorstadtpoetin

das unverdient gelungene

einfach so geschehene

unverhofft gewonnene Leben

zu besingen.

 

*Hartmut Rosa, Unverfügbarkeit,

Suhrkamp Verlag 2020

26.06.24.    Passauer Langgedicht

 

Edward Hopper kam nur bis Passau/dort wurde er von einem Riesen Screen verschluckt/auch ich bin seither darin gefangen.

 

wie das Auge eines Zyklopen/wacht der schwarze Schlund über den Raum/und wirft zurück/was wir zu sehen glauben.

 

Platons Höhle/vielleicht gibt es uns ja gar nicht/ nur Wellenlängen.

 

im dritten Auge/ statt clairvoyance /nur Kabelfernsehen/ und Fußball.

18.05.2024   ...der Bachmann nachgedichtet

 

wie Böhmen/möchte ich ans Meer begnadigt werden/mit Ingeborg zugrunde gehen.

 

zu Grunde/dort wo wir unverloren sind/

wo Liebesmüh niemals verloren ist.

 

bin ich Poetin/glaub ich dem Meer/

glaub ich dem Land/glaub ich dem Wort.

 

an Proben glaube ich nicht/ auch nicht an Grenzen/ Vagantin bin ich wohl/

nur Böhmen liegt so weit.

 

wer will bestehen? doch lieber fliessen/

mich verwandeln/ mal Seefahrerin mal Schiff/

nie Hafenhure sein.

 

sind wir nicht alle aus dem Meer gekommen?

jeder ein Land/ das an ein anderes grenzt/

ans Wasser grenzen wir alle.

das Wort wandert/das Wort verbindet.

 

                                                      Ingeborg Bachmann

schon in der Früh ist es heiss und staubig unter meiner Haut/ich versteppe/meine Flüsse trocknen ein/das Delta verlandet/Saharastaub legt sich gelblich über die Stadt/Blütenstaub und Pappelblüten wie Schnee im Frühling.

 

am Ätna hat der Hitzeschock die Bäume schlagartig ausgedörrt/ nicht einmal zum verkohlen hatten sie Zeit/weiss und kahl ragen sie in den Himmel/ Zunder für den nächsten Brand/irgendwann fruchtbare Erde.

 

die Lava reisst Contenance und austarierte Lebensentwürfe mit sich/auf dem Geröllfeld am Fusse des Kraters verschmoren Illusionen.

 

Klimawandel findet jetzt auch in mir statt/eine Feuerwalze steigt aus den Eierstöcken auf / Stichflammen schlagen aus längst erloschen geglaubten Glutnestern stumm

schwelender Kränkungen.

 

eine überdrehte Schraube im kaputten Gewinde/ der Thermostat dreht ohne Widerstand ins Aus/ von 0 auf hundert in unter einer Sekunde/ wenn der Flash durch ist/fröstelt´s mich/ ich schrumpfe/ zieh mich erschöpft zusammen.

 

am Frontalkortex brennen ein paar

Synapsen durch/der Kurzschluss setzt mühsam aufrecht erhaltenen Konditionierungen ein rasches Ende/kann ich noch denken/

wenn das hier vorbei ist?

 

ich bin eine Dschinn/ ein Unruhe begabter Geist aus der Flasche / Wut quetscht mich durch ihren engen Hals/ als sie verdampft ist/

nur noch Nebel.

 

ich träume von Abkühlung/träume mich ans Meer/

der Küstensaum von den Gezeiten ausgehöhlt und unterwandert/die Düne aus überlebten Selbstbildern wandert mit.

 

die Welle reiten//hoch auf dem Kamm ihr Brechen eine Millisekunde vorausahnen/ nachgeben landen auslaufen/keine Zeit für Fragen/
nur wach und gegenwärtig sein.

 

dem Wind knorrig in Schieflage entgegen wachsen/ wie die Strandkiefern/ versuche ich im Sand zu wurzeln /wie Dünengras / das aus irgendeiner Tiefe Nahrung zieht.

 

wenn geboren werden/ der Anfang aller Kränkungen ist/ und Sterblichkeit nicht die letzte/

will ich mutig sterben /in Drachenhaut  gewandet wiederauferstehen

 21.03.24   dennoch                             

 

er liegt in der luft/der frühling/ ein zittern und beben /zartgrüne hasel und birken /das rosa der magnolien und kirschbäume /gelbe forsythien/ weiß leuchtender ginster /krokusse die dem blaugrau des himmels/ ein vielfarbiges dennoch entgegen setzen.

 

was auch in der luft liegt ist kälte /tatsächlich

und sprichwörtlich /ratlosigkeit und zweifel /ob all das ausreicht für ein bisschen hoffnung: /daß die knospen austreiben wie jedes frühjahr.

 

während es in der früh aufmunternd zwitschert /der specht klopft /das käuzchen ruft /lässt die weide ihre hellgrünen arme in den fluss hängen/ ungeprüfter Weltschmerz rumort/drinnen und draußen/ eichhörnchen reissen löcher /auf der suche nach verbuddelten vorräten.

am fluss kehren die vögel zurück/ graugänse und schwäne erheben sich /die rückkehrer kreisen und fliegen formation / ich drehe den hals nach dem himmelsballett/ am hochhaus gegenüber tagt lautstark das krähenparlament.

 

gewalt und verrohung verdunkeln den himmel/ wie junge setzlinge blüht hoffnung gegen zynismus/ gegen die kälte am morgen an /nicht alle werden überleben/ keck und naiv halten die entenküken ihren flaum der welt entgegen.
 

gevatter tod wirft sich in ein frisches gewand/

und obschon wir hinter seiner lächelnden fratze/ den abschied erahnen/ sagen wir : schau, wie er tanzt, der sensenmann/er tanzt wieder für uns/ einen ganzen sommer lang. 

 

immer weiter./

voneinander scheiden und sich neu finden/ aufblühen und verrotten./neben lüge und verrat/ aufkeimende wahrheiten.

wie es mich freut /daß es wieder grünt.

*das Ende einer Reise ist nur der Anfang einer anderen. Man muss die Reise wieder von vorne beginnen.Immer. José Saramago

14.02.2024.           Déjate sentir

 

la invitación que no recibiste

la llamada que no llegó

el vacío/la duda/la decepción/

la amargura/lo derramado

 

déjate sentir 

 

la garganta constreñida/palabras no dichas/

canciones que nunca cantarás/

el amor que no te permitían mostrar/

un abrazo que aún estás esperando.

 

las manchas en blanco
en la topografía de tu cuerpo
son silenciosas pero no mienten
sus verdades esperan pacientemente
para ser escuchadas

 

algo no queria nacer

algo decidió de no manifestarse

algo no ha salido a la luz.

 

nunca sabrás por qué

solo sabes que

te toca seguir viaje

 

a ver qué te tocará

a ver si sabrás recibir

a ver si  te dejas tocar

de lo que te toca.

 

despídete de lo que no has logrado/

de lo que no te ha reconocido/

de lo que existió y no existió

 

tu sentir te mostrará/

a donde van a nacer/

tus rostros desconocidos/

tus creaciones/

tus caminos futuros

 

aún tienes que encarnarte

déjate sentir.

Veteranos del amor

15.01.2024

 

no estás preparado a que una mirada te toque/ el cielo se abre una rendija/ algo contiene la respiración/ parece quedarse quieto/ como una libélula que inesperadamente cambia de rumbo en pleno vuelo.

el corazón tartamudea/ como un bandoneón los músculos de los costados se estiran/ e inmediatamente vuelven a contraerse/ la primera sensación es de dolor/ tras una breve reanimación el corazón se tensa de nuevo/ tornándose rígido vuelve a su lugar.

un largo segundo más tarde tu respiración recomienza / el momento ha pasado/ te quedas un poco perdido/ mejor no sientas.

mínimamente desplazado/ un poco irritado/ buscas el olvido durmiendo/ pero memoria y fantasía bailan en nuestros sueños/ una mezcla confusa de deseo, curiosidad/ miedo y rechazo/

al despertarte tu corazón late hasta el cuello/ el pulso tiene fuerza/ te amplía el pecho/ y en los dos segundos/ antes de que empiece a pensar dentro de ti /

sientes sin duda/ que hay algo/ que te quiere/ que quiere que vivas.

 

nicht darauf gefasst/ dass ein blick dich berührt/ der himmel öffnet sich einen spalt/ etwas hält den atem an/ scheint stillzustehen/ wie eine libelle, die mitten im flug unvermutet ihren kurs ändert.

 

das herz stottert/ wie ein bandoneon dehnen sich die seitlichen muskeln/ und ziehen sich gleich wieder zusammen/ die erste empfindung ist schmerz/ nach kurzem aufleben versteift sich 

das herz erneut/ erstarrend kehrt es an seinen platz zurück.

 

eine lange sekunde später setzt dein atem wieder ein/der augenblick ist vorbei/ ein bisschen verloren bleibst du zurück/ besser nicht nach fühlen.

 

minimal ver-rückt/ ein bisschen irritiert/ suchst du vergessen im schlaf/ aber erinnerung und fantasie tanzen in unseren träumen/ eine verworrene mischung aus lust, neugier/ angst und zurückweisung/

 

im aufwachen schlägt dein herz dir bis zum hals/ der puls ist stark/ er weitet deine brust/ und in den zwei sekunden/ bevor es in dir beginnt zu denken/

 

fühlst du ohne Zweifel/ dass es etwas gibt/ das dich will/ das will, dass du lebst.

 

8.01.2024

 

glorious mornings

 

I want the snow to cover all the paths taken, 

the straight and the winding ones. /

 

I want the snow to cover everything that 

has become wrong and uneven between us./ 

 

I want the snow to cover all my words/ the right words spoken at a wrong time/ the wrong words spoken out of confusion/ the just words spoken to deaf hearts./

 

I want the snow to cleanse and purify everything inside me, every wound, every scar, every hidden story, each tiny little hook./

 

The melting snow inside me will wash away 

all memories of a painful past/ the memories of glorious mornings, wide open hearts and eyes looking far beyond the horizon/ all expectations, 

the broken dreams and the fulfilment 

that has outlived its time.

 

One day I will wake up transformed/I will grow

and blossom completely innocent and young/

old and knowing/like a flower that sees the sun 

for the very first time and is looking forward 

to the end of its day. 

 

We are born to be reborn and 

entirely renewed through creation.

caracol

06.01.2024

el caracol

tu cuerpo me llama

al tocarme tu calor

engravó una pista

que se llenó de anhelo

el deseo, muy curiosamente,

le va siguiendo.

 

o será que es mi cuerpo 

que llama al tuyo

o que los dos ya estábamos conectados

enviando y recibiendo

ternura a través del éter.

 

la señal viaja ..pulsando 

desde el corazón a mi regazo 

fluye, arranca, golpea 
y vuelve atrás
para finalmente replegarse

como un caracol en su concha.

 

deja ser que la conexión

es pura fantasía 

y el que responde

no eres tu.

 

9.12.23

Dorn im Herzen

wie süß er ist/ wie sehr er schmerzt/

er quält/und zerrt und zehrt/ 

und bohrt und klopft/ 

es pocht und sehnt/es drängt

und lässt nicht nach.

 

Weit weg Dein Herz

an meinem schlagend

Deine Gedanken 

sprechen 

aus meinem Mund

 

Sind wir noch zwei? 

 

Du träumst in mich hinein

kriechst unter meine Haut.

Deine Wärme atmet weiter

als Du mich verlässt.

 

Verwirrt erwache ich.

die Erde scheint sich aufzutun

du gehst aber 

 

bist Du wirklich fort? 

 

etwas hält mich

du bist mir Trost.

Wie ein Säugling

sinke ich erneut in tiefen Schlaf

in ungekanntes Vertrauen.

 

Alles ist. 

Alles kannst Du mir sein. 

Und vielleicht nichts. 

 

 

 

 

 

3.11.2023.        

Kontrafaktur

Der Sommer war sehr groß./Längst ist es Zeit, der Schwermut Mehltau abzuschütteln/ mystifizierten Einsamkeiten abzuschwören/ des Dichters Pose/dem stilisierten Unverbunden Sein und Unverwurzelt Bleiben/eine Absage zu erteilen/mehr Licht ins Gemüt!

 

Eine späte Sonne über den Isarauen vertreibt die Morgennebelschleier /köstlich kühle Luft in meinem Gesicht/ es riecht nach Rauch und altem Laub.

 

Laßt mich die Ernte und die Verwandlung/ das vertrauensvolle Fallen der Blätter/ die kahler und lichter werdenden Bäume/ die früh einsetzende Dämmerung/ die bergende Dunkelheit feiern/

rasten und ruhen/ dem Grau unendlich zarte Schattierungen abgewinnen. 

 

Ich denk an Bergung schlicht von Leib zu Leib*/

lass uns zueinander rücken /Türen öffnen, uns begegnen/ das Briefe schreiben sein lassen und ja: spazieren gehen/ müssen es Alleen und unruhige Wanderungen sein?  

 

Und wer braucht ein Haus/ wenn er nicht schon ein Herz hat? Dichter, welches Licht setzt Du uns auf? Braucht es mehr Dichterinnen? /Was fehlt? 

 

Mensch: es ist Zeit.

Der Sommer war sehr groß.

 

(*Christine Lavant: "ist unsere Liebe wirklich heimatlos?" in: Seit heute, aber für immer, Wallstein Verlag )

                         

                                  *****

 

P.S. dieser Text ist eine "Überschreibung", eine Replik auf Rainer Maria Rilkes ikonischen Herbsttag. Ein Gedicht, das wunderschön und unbehaust die Schwermut des Herbstes besingt und heraufbeschwört. Hier noch einmal nachzulesen:

 

Herr: Es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

 

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

 

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

 

2.10.23

 

Zwischen Wachen und Traum/

ruhte ich in einer unsichtbaren Hand/

die meinen Kopf hielt/wie einem Säugling.

es muss ein Engel gewesen sein/

du warst nicht da.

 

wenn meine Arme sich leer/ in den Äther hinausstrecken

stelle ich mir manchmal vor/

Gott ruhte in ihnen /

Auch er hat Sehnsucht/

auch er glaubt und glaubt nicht.

 

Sommerende- mich entlieben

 

ich lege einen Filter drüber s/mittel, s/dunkel oder Silbertöne/ das silberweiss ein leichenblass/die Blätter starr /die Rose ohne Duft. 

 

dass der gewaltige Sommer den letzten Rest seiner Süße in die Blätter gelegt hat/ahnt man nur noch/muss ich mein Herz jetzt einlegen in Formalin? 

 

ich könnte auch zusehen/ wie das rosa verblasst/ die Blütenblätter braune Ränder bekommen/ der Rosenstock verholzt und die Dornen verhärten/ oder verstockt das Herz? 

 

dann stechen die Dornen immer noch/nachdem der Duft schon längst verflogen ist /irgendwann fällt die Blüte zu Boden /die erste Frostnacht wird den Blättern den Garaus machen.

 

noch nicht/noch halte ich ihn fest, den Duft/die Wärme/ das Zittern der Blütenblätter im Wind/ die Farbe und das Herzklopfen/wenn Dein Name fällt. Dem Verblühen beuge ich mich nicht/

noch nicht. 

 

Waking from weird dreams/not finding the way/ being late.

 

Everything is changing, morphing underway until I don't recognize the place anymore, nor the people.

 

Can't remember what I set out to do/

drifting / struggling and resisting cold and heavy waters/not getting to where I want to.

 

If this was a surrealistic painting/

I would ask Dali to paint it/

 

then I would walk into my head and my heart and say: hey stranger, what are you doing here?

 

I kindly ask you to leave/ you disturb my peace.

 

Leuchtturm in deinen Augen

unser Wiedererkennen

ein Aufleuchten in deinen Augen

dein Arm umfaßt mich

dein Schmerz hält mich auf Abstand.

 

In mir

versinke ich

in deinen Augen

dahinter/dahinter/dahinter..

wie ein Echo: Räume 

Welträume

Ferne

 

Dunkelheiten umringen

und bedrängen dich.

du sehnst dich nach Licht

und fürchtest dich zu Tode.

 

wie siamesische Zwillinge 

zwei zusammengewucherte Herzen

in meiner Brust ein Gemetzel 

behutsam löse ich Faser um Faser

nehme mein Herz zu mir.

 

das Licht in deinen Augen

ein Leuchtturm

als ich mich entferne. 

 

die Freude ist wahr

so auch der Schmerz.

die Trennung lügt

das Licht niemals.

in den Ritzen

 

in den Ritzen

zwischen Tisch und Bett

verschwand sie zuweilen

zwischen mein und dein 

haben oder sein 

machte sie sich still davon

Liebe..

 

flog des nachts durchs Fenster

fantasierte sich in andere Betten

an andere Tische

oder gleich auf den Mond

Liebe!

 

fernere Planeten riefen

Liebe flog weiter

riß Mauern ein

und Masken runter.

Liebe?

 

Eros, Pyromane,

schaute

auf Fensterbänken sitzend

dämonisch feixend zu.

 

Die Besitzer von Tisch und Bett

haderten und rechteten

eiferten und stritten

warfen vor und trugen nach

 

opferten sich freudig

belogen sich 

gnädig - alles ganz selbstlos.

 

Der Liebe war das schnuppe.

Ob sie dort sein wollte

in den Ritzen

wo das Leben nur in Krümeln existierte

oder in den Aschehäufchen von Zündler Eros

hatte sie keiner gefragt. 

 

Auch Eros langweilte sich.

Sich mit der Freiheit zu verbünden,

kam ihm großartig vor-

Feuer und Glut verheissend!

 

Den Besitzern von Tisch und Bett

wurde das zu heiss

sie fürchteten um ihre Möbel. 

 

Was nun?Was tun?

Liebe und Eros setzten sich zusammen.

Krisengespräch.

Eros russverschmiert, Liebe verkrümelt und reisemüde. 

 

Das mit der Freiheit ist Quatsch, sagte Eros.

jedes Feuer erlischt irgendwann.

Wir sollten uns trennen, sagte Liebe,

wir haben nichts mehr gemeinsam

 

Spielt! 

blind sind wir alle! -

rief Leben und

kroch aus den Ritzen.

 

Wenn der Tanz erst vorbei ist

werdet ihr Tisch und Bett 

Ritzen und Krümel 

Feuer und Flamme vermissen.

Olga Sacharoff "woman leaning on table" (ca.1915)

el mar una madre

 

al fin encarnada

al lado del mar

el canto de las olas

su ruido me hace acordar


que yo tambien

soy agua

soy ola

soy mar

 

enfin vuelvo

me abandono

y me vuelvo

agua, ola, canto

 

sin forma

sin limite

sin meta

 

respiro con el va y ven 

descanso en el ruido

el mar una madre

que canta mi canción de cuna

a precious void

 

like Ariadne                                                   

on an island of despair.             

singing weeping                                          

calling a wind                                            

that carries her                             

to a new destination                     

                                             

a precious void                                             

cracking open                                                     

inviting in                                                    

even more love                                              

 

holy and whole                                           

no river no canyon.                          

no tears no pain.                        

just existence                      

 

if love is the answer.                     

what was the question?                          

 

longing remains                                 

longing to see your face.     

becoming

 

neue Tage

alte Reisen

liebeslieder

einen Tag

ein neues Lebensjahr

das anfangen wieder anfangen

 

das nicht wissen

nichts beherrschen

neu suchen

tasten probieren

dall´inizio! 

das anfangen wieder anfangen

 

verletzlich sein

mich roh fühlen

unsicher sein

di nuovo!

das anfangen wieder anfangen

 

mich nicht auskennen

on recommence-

from the very beginning!

a second last time...

 

jünger werden

während die Zeit verstreicht

und endet

und wieder neu anfängt

 

 

abreisen

den globus umrunden

nie ankommen 

nur aufbrechen.

14.05.23

Ein marmoriertes Herz

 

Wolken aus Trauer waschen Licht ins Gewebe.

Dich-liebte-ich eine Spur

er-liebt-mich-nicht eine andere

Wir-liebten-uns - tiefblau. 

 

Die Zeichnung zerfasert, verschwimmt.

Im Innersten keine Farben

keine Schatten

keine Geschichten mehr.

 

erwidert zurückgewiesen

gefühlt geträumt gelebt

verschenkt verloren verneint

erfüllt verwandelt neugeboren

 

dem Herzen ist es ganz gleich

woher die Liebe kommt.

es denkt nicht.

 

pulsieren, atmen,

weiter schlagen.

ein dunkles Leuchten.

 

Unter den Narben

fühlt es sich roh an.

ungläubig. unverletzt.

unvorsichtig.

be the sky/not the clouds.

an den fernen Geliebten

 

13.3.2023

 

if a verse tears down the wall

between you and the world/

me/

beauty-

indeed you are vulnerable.

from afar

27. Februar 2023

 

the cold is back/

even snow/

my longing for spring/

covered by doubts and fears.

how to endure more winter.

 

from afar/

I hear my blood pulsing/

beneath the earth/

under my skin/

underneath my crusted self.

 

the flowers in the temple of my heart/

are evergreen/ ever blossoming.

where is the door? 

who wants to enter?

who is the lover 

who the beloved?

 

dos à dos

21. Feb. 2023 
 

J’écris mon chant/ je chante mon vers/

pensant à toi/ 

es-tu capable de me lire?

De déchiffrer mes sons, mes mots, mes rêves?

 

Je t’écoute chanter /

portant ton âme sur mon coeur/

ta musique dans mes oreilles.

 

Rien n’est vraiment loin/

meme en ne se voyant pas/

sans se toucher/ 

les amoureux secrets se tiennent dos à dos.

 

waiting for the snow to melt

21. Jan. 2023 
 

waiting for the snow to melt/
waiting for the butterfly to spread its wings/
waiting for the colours to come back/


I long for my beloved to return/
why would he make me wait that long?
spring shall come/come again/

come!

 

anything therefore is a delight

31. Dez. 2022 
 

(....)our poetry now/ is the realization that we possess nothing/anything therefore is a delight (since we do not possess it)/ and thus/need not fear its loss. We need not destroy the past; it is gone. At any moment/it might reappear/ 

and seem to be /and /be the present./would it be a repetition?Only if we thought we owned it, but / since we don't / it is free /and/ so are we.(...)

 

                                                               john cage

                                         

 

John Cage's text is a program, a Zen philosophy in a nutshell, a poetically written call not to hold on..not to things, not to people, not to the feelings that interweave us with everything that was or is a part of our lives.

 

Freedom, what is freedom? Is that desirable, to be so free? Who can stand it? To be able to entrust ourselves to the flow of life, to become more free of fear, that is what I wish for all of us. 

 

The pulsating, the flowing, the bubbling....
the ebb, the flood..the wind or storm, a gentle breeze...a desert, a nothingness..a snowy landscape, a frozen stream...the spring meadow, buds that open, a blossoming...and fade away again.


A steep mountain, an elongated plain, a horizon that opens...clouds and starry nights..the departure and the return home.

We can meet all this openly...without the impulse to flee, without the desire to remain.

 

                              ***

 

John Cages Text ist ein Programm, eine Zen Philosophie in a nutshell, ein poetisch verfasster Aufruf, nicht festzuhalten..nicht an den Dingen, nicht an Menschen, nicht an den Gefühlen, die uns mit allem verweben, das ein Teil unseres Lebens war oder ist...

 

Freiheit, was ist Freiheit? Ist das wünschenswert, so frei zu sein? Wer hält das aus? Sich dem Lebensfluss anvertrauen zu können, angstfreier zu werden, das wünsche ich uns allen. 

 

Das Pulsieren, das Strömen, das Brodeln...

die Ebbe, die Flut..der Wind oder Sturm, eine laue Brise...eine Wüste, ein Nichts..eine Schneelandschaft, ein erstarrter Bach.. die Frühlingswiese, Knospen, die sich öffnen, ein Aufblühen...und wieder vergehen.

Ein steiler Berg, eine langgezogene Ebene, ein Horizont, der sich öffnet...Wolken und sternklare Nächte..das Aufbrechen und das Heimkehren.

 

All dem können wir offen begegnen ... ohne den Impuls zu fliehen, ohne den Wunsch zu verharren.

Seit 2017 betreibe ich diese Seite als Ein-Frau-Werkstatt für Gesang, Essay und Poesie. Seit 2022 engagiere ich mich als Produzentin für Der Himmel gehört allen.

2023 kam die "poeterey" hinzu.

 

Ihre Unterstützung in Form von Anregungen, Anfragen, Aufträgen, Rückmeldungen oder gar Engagements

ist mir sehr willkommen.

Schreiben Sie mir! contact@

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